John
Rawls – Staatstheorie
Eine
Theorie der Gerechtigkeit
Gerechtigkeit
durch fairen Vertrag
Für Rawls gibt es
zwei wesentliche Gerechtigkeitsprinzipien, die der Mensch in seinem
Urzustand („original position“) wählt. Im Konfliktfall ist
jedoch die Freiheit immer vor die Gleichheit zu stellen und die faire
Chancengleichheit vor dem Differenzprinzip zu sehen.
Zwei
Gerechtigkeitsprinzipien
- Jeder an einer Institution Beteiligte oder von ihr Betroffene hat ein gleiches Recht auf die größtmögliche Freiheit, die mit der gleichen Freiheit für alle Übrigen verbunden ist.
- Ungleichheiten, durch die Struktur der Institutionen festgelegt oder gefördert, sind willkürlich, es sei denn, man kann vernünftigerweise erwarten, dass sie sich zu jedermanns Vorteil auswirken, und die Positionen und Ämter, mit denen diese Ungleichheiten verknüpft sind beziehungsweise aus denen sie sich ergeben, stehen allen offen.
Diese Prinzipien
bestimmen die Verteilungsaspekte der Institutionen und die Regelung
der Zuweisung von Rechten und Pflichten in der gesamten
Gesellschaftsstruktur. Durch die Annahme einer politischen Verfassung
werden die Prinzipien auf die Gesetzesgebung angewendet. Durch die
richtige Entscheidung für die Grundstruktur der Gesellschaft und ein
grundlegendes System von Rechten und Pflichten entsteht dann die
Verteilungsgerechtigkeit.
Die Prinzipien
gelten vor allem für die wichtigsten Institutionen des
Gesellschaftssystems und ihr Zusammenspiel. Die politische Verfassung
und die hauptsächlichen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen
Institutionen definieren die Freiheiten und Rechte eine Person, sowie
die Aussichten für die soziale Positionen und die Lebensqualität.
Rawls geht von der
intuitiven Vorstellung aus, dass Menschen in verschiedene soziale
Klassen in das System der Gesellschaft hineingeboren werden. Aus
diesem Grund haben sie unterschiedliche Lebensaussichten, was
politische Freiheit, persönliche Rechte oder wirtschaftliche und
gesellschaftliche Chancen angeht. Die Grundstruktur der Gesellschaft
begünstigt bestimmte Menschen gegenüber anderen, was grundlegende
Ungleichheiten auslöst, die die Lebensaussichten der Bürger
betreffen. In diesem Fall sollen die Gerechtigkeitsprinzipien
angewendet werden.
Das zweite Prinzip
der Gerechtigkeit sagt aus, dass Unterschiede dann gerecht sind, wenn
die höheren Erwartungen der Bevorzugten (in ihrer Funktion im Rahmen
des Gesellschaftssystems) die Erwartungen der am meisten
Benachteiligten verbessern. Durchgehende Gerechtigkeit kann es
demnach nur dann geben, wenn die Vorteile der glücklicheren die
Lebensqualität der am wenigsten Glücklichen steigert. Die Minderung
der Vorteile sorgt in diesem Fall dann dafür, dass es den am
wenigsten Glücklichen noch schlechter geht.
Die
Grundstruktur ist ganz und gar gerecht, wenn die Aussichten der am
wenigsten Glücklichen so gut wie möglich ist.
Das erste Prinzip
fordert die gleichen Grundfreiheiten für alle und geht dabei von
einem Regierungssystem der konstitutionellen Demokratie aus. Der
Mensch ist frei und es herrscht politische Freiheit, sowie eine
Gewissens- und Gedankenfreiheit.
In einer
konstitutionellen Demokratie sind alle Bürger gleichgestellt und
haben den gleichen Status. Es herrscht Chancengleichheit und ein
fairer Wettkampf um die vorhandenen Stellen auf der Basis der
vernünftigen Qualifikation. Die Unterschiede zwischen den einzelnen
Menschen resultieren aus den verschiedenen wirtschaftlichen und
sozialen Ungleichheiten in der Grundstruktur. Diese entstehen
unweigerlich durch die Ungleichheit in Einkommens- und
Vermögensverteilung und dem unterschiedlichen Maß an
gesellschaftlichem Prestige und Status im Klassensystem der
Gesellschaft.
Das
Differenzprinzip sagt aus, dass Ungleichheit gerecht ist, wenn sie
Teil eines umfassenden Systems ist, in dem sie sich zum Vorteil der
am wenigsten glücklichen Repräsentanten auswirkt. Die gerechte
Verteilung ist damit das Ergebnis des eingeschränkten
Maximierungsprinzips. Die ursprüngliche Abmachung ist, dass alle
Individuen an den Vorteilen der unterschiedlichen Verteilung
natürlicher Begabungen und Fähigkeiten teilhaben sollen. Dabei ist
es gleichgültig, wie die Verteilung im Einzelnen aussieht. Der
Ausgleich der willkürlichen Benachteiligungen geht von
unterschiedlichen Ausgangspunkten aus. Von Natur aus darf ein
Begünstigter nur unter der Bedingung die Vorteile aus seiner
Begabung ziehen, dass auch die Benachteiligten profitieren. Der
Begünstigte darf nicht deshalb besser dastehen, weil er eine
zufällige Begabung hat, sondern, weil die Kosten für ihre
Ausbildung gedeckt werden und sie das Leben der weniger Begabten
verbessern können.
Zusammenfassung
Das Ziel für
Rawls ist die gleiche Freiheit für alle.
Kritik am
Utilitarismus
Die menschliche
Gesellschaft ist eine unabhängige und soziale Vereinigung. Alle
Mitglieder folgen einem gemeinsam vertretenen
Gerechtigkeitsverständnis, welches dem Wohl des einzelnen
Individuums nutzen soll. Das Abstimmen über das
Gerechtigkeitsverständnis birgt zwei verschiedene Entwicklungen:
- Die Interessengleichheit: das soziale Zusammenarbeiten hat einen weiten und gesellschaftlich Wohl bringenden Nutzen
- Der Interessenskonflikt: Menschen ist es wichtig, wie hoch die Anteile des Einzelnen an diesem gemeinsamen Nutzen sind. Der Einzelne handelt in diesem Fall egoistisch.
Auf den ersten
Blick erscheint die Gerechtigkeitskonzeption des Utilitarismus' am
vernünftigsten, da das Individuum den größtmöglichen Nutzen für
sich erzielen soll, solange andere nicht betroffen sind. Dies scheint
eine vernünftige Entscheidung zu sein. In der Gesellschaft sollte
das Wohl jedoch durch die vernünftigen Interessen der Individuen
bereits gegeben sein. Das größtmögliche Wohl soll für alle
Angehörigen der Gesellschaft
verwirklicht werden. „Eine
Gesellschaft ist dann richtig geordnet und gerecht, wenn ihre
Institutionen so geartet sind, dass die größte Summe von
Befriedigungen zustande kommt“.
Das
Utilitarismus-Prinzip kann aber nicht erklären, dass und ob die
Freiheit und Gleichheit der Staatsbürger gewährleistet ist, was
eine notwendige Voraussetzung für eine gerechte Gesellschaft ist.
Die Individualrechte sind durch die Gerechtigkeitsprinzipien
gesichert. Es gibt nicht politische Verhandlungen und ein Kalkül der
Gesellschaft unter Worten.
Die traditionelle
Rivalen des Utilitarismus ist die Theorie des Gesellschaftsvertrages.
Das Ziel dabei ist die Striktheit der Gerechtigkeitsprinzipien. Durch
die Abmachungen zwischen Personen wird der Urzustand der Gleichheit
und die Unversehrtheit und gleichberechtigte Souveränität
rationaler Individuen hergestellt. Die Vertragstheorie besagt, dass
vernünftige Individuen im gemeinsamen Akt entscheiden, ob etwas
gerecht oder ungerecht ist. Das Aussehen der Gesellschaft wird dabei
durch angemessene Ausgangspositionen festgelegt.
Die
Gerechtigkeitsprinzipien werden ohne Information über die zukünftige
Position der Abstimmenden beschlossen. Rawls nennt dies den „Schleier
des Nicht-Wissens“ der Klassenzugehörigkeit und damit der
Bevorzugung oder Benachteiligung.
Die
Gerechtigkeitslehre (Ethik) begründet eine Theorie des vernünftigen
Entscheidungsverhaltens. Die ursprüngliche Vereinbarung der
Gerechtigkeit ist nicht mit dem Utilitarismus zu vereinbaren, da
vernünftige Individuen nicht vollkommen auf ihre Freiheit verzichten
würden, um den anderen mehr Befriedigung zu ermöglichen. Die
Menschen sollen stattdessen zurück in den Urzustand der
Gleichberechtigte gehen und die Opfer durch Vorteile ausgleichen. Ein
vernünftiger Mensch akzeptiert keine Institution , nur weil sie die
Gesamtsumme aller Vorteile vermehrt, ohne auf die Konsequenzen für
die eigenen Interessen zu achten.